Aktuelles Projekt

Den Toten zum Gedenken, den Lebenden zur Mahnung 

 

Unmittelbar vor dem Hohen Turm, dem Wahrzeichen unseres Ortes, befindet sich das Denkmal für die im Ersten Weltkrieg Gefallenen und Vermissten der damaligen getrennten Orte Hohenthurm und Rosenfeld.

 

Nicht nur der Erste Weltkrieg, sondern auch der Zweite Weltkrieg hat unendliches Leid über die Völker der Welt, Europas, Deutschlands und letztendlich auch über unseren Ort Hohenthurm gebracht.

 

Der Kultur- und Heimatgeschichtsverein Hohenthurm e.V. hat sich unter anderem die Bewahrung der Hohenthurmer Heimatgeschichte zur Aufgabe gemacht. Zu dieser Geschichte gehören auch die Gefallenen und Vermissten des Zweiten Weltkrieges. Während die Namen der Gefallenen und Vermissten des Ersten Weltkrieges auf dem sogenannten „Kriegerdenkmal“ in Hohenthurm zu finden sind, haben wir uns zur Aufgabe gemacht, dies auch für die Gefallenen und Vermissten des Zweiten Weltkrieges zu tun.

 

Vor über 10 Jahren begannen wir mit der Recherche. Ein entsprechendes Personenverzeichnis gab es nicht. Eintragungen in der Kirchenchronik waren nur vereinzelt zu finden. Aber wir hatten Zeitzeugen: Verwandte, Freunde, Betroffene und ehemalige Schulkameraden. Nicht nur Namen wurden zusammengetragen. Es kamen die Geburts-, Gefallenen- und Vermisstendaten dazu und die Geschichte. In nahezu allen Truppenteilen der deutschen Wehrmacht verloren Hohenthurmer Bürger ihr Leben. Als Jagdflieger, U- Bootfahrer, bei der Infanterie und der Panzertruppe. Aber auch als Lokführer und bei der Feldpost sind viele gestorben. In Frankreich, Polen, der ehemaligen Sowjetunion und in Afrika sind auf Kriegsgräberstätten Namen ehemaliger Hohenthurmer Bürger zu finden. 

In mühevoller, langwieriger Kleinarbeit und in enger Abstimmung mit dem Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge wurde eine Liste mit 79 Namen und dazugehörigen Daten zusammengestellt.

 

Den Toten zum Gedenken, den Lebenden zur Mahnung. Unter dieser Überschrift wurden am Volkstrauertag die Namen und Daten in würdiger Form an dem „Kriegerdenkmal“ in Hohenthurm angebracht und mit diesen feierlichen Worten übergeben.

 

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde und Vereinsmitglieder (Redner: Frank Friedrich)

 

Es ist mir eine große Freude und ein tiefes Bedürfnis Sie hier so zahlreich versammelt zum Volkstrauertag zu begrüßen. Ich möchte besonders unsere Bürgermeisterin Frau Anja Werner, den Landtagsabgeordneten Frank Bommersbach sowie eine Vertreterin der Saalesparkasse begrüßen. Ich freue mich Angehörige der Gefallenen oder Vermissten, an die wir heute mit der Einweihung einer Namensplatte gedenken wollen, begrüßen zu dürfen und ich freue mich auch sehr, dass der eine oder andere Unterstützer heute hier ist. Unterstützer welche mit ihren großen und kleinen Zuwendungen oder tatkräftiger Hilfe diesen Tag erst möglich gemacht hat. Ohne diese finanzielle und die tatkräftige Unterstützung unserer Vereinsmitglieder und insbesondere unseres Vorstandes wäre dieser Tag heute nicht möglich geworden. Das wir das alles geschafft haben, erfüllt mich persönlich mit tiefer Dankbarkeit und wenn ich sehe, wie viele den doch beschwerlichen Weg hier hoch gefunden haben, dann denke ich, haben wir alles richtig gemacht.

 

Ich werde nicht alleine durch diese Veranstaltung führen sondern an meiner Seite steht unser Stefan Domke, Pfarrer im Unruhestand der ja eigentlich auch ein Hohenthurmer ist, nur jetzt eben wo anders wohnt. Aber sein Herz schlägt immer noch für Hohenthurm. Stefan wird im Anschluss ein paar Gedanken zum Volkstrauertag äußern. Dafür Stefan auch Dir vielen Dank.

Dieses Denkmal, vor dem wir heute stehen, war für mich wie auch für viele andere Hohenthurmer schon immer da. Als wir im Winter mit dem Schlitten über die Wurzel gefahren oder mit Freunden durchs Dorf gestromert sind, es war einfach da und es hieß immer „das Denkmal“.

 

Damals als Kind oder auch noch als Jugendlicher habe ich mir keine Gedanken gemacht was das für ein Denkmal ist. Es war einfach nur ein beliebter Treffpunkt. Erst viel später habe ich die Inschriften gelesen und erkannt, dass hier auf diesem Denkmal Namen von Rosenfelder und Hohenthurmer stehen, die im ersten Weltkrieg gefallen oder vermisst waren. Männer die in Hohenthurm kein eigenes Grab haben an denen die Verwandten trauern und Blumen niederlegen konnten, denen aber trotzdem gedacht werden sollte. Ich hatte mich dann gefragt was ist aber denn mit denen, die aus dem zweiten Weltkrieg nicht wieder nach Hause zurückgekommen sind. Sind die Namen irgendwo anders aufgeschrieben worden? Im Kirchenbuch oder in irgendeiner Chronik? Wenn im ersten Weltkrieg schon 33 Soldaten aus Hohenthurm/Rosenfeld gefallen oder vermisst waren, wieviel waren es dann erst im zweiten Weltkrieg? Diese Frage  habe ich mir gestellt und dazu wollte ich Antworten.

 

Also habe ich mich an die Arbeit gemacht. Kirchenchronik. Dort ein paar Namen gefunden. Meinen Vater der damals noch lebte gefragt. Wieder ein paar Namen mehr. Und dann kam Rudi Kittler. Er hatte über drei Ecken erfahren dass ich mich mit diesem Thema beschäftige. Rudi war selber betroffen da sein Bruder Kurt als Jagdflieger in Ungarn gefallen war. Und wer Rudi noch kannte, der weiß auch das der Rudi unermüdlich war im Telefonieren, an Türen klingeln und Leute befragen. Ich kümmerte mich um die „offiziellen Stellen“. Die Wehrmachtsauskunftstelle und den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. Besonders von letzterer erhielt ich großartige Unterstützung.

 

So kam langsam ein Name, ein Geburtsdatum, ein Gefallenen- oder Vermisstendatum nach dem anderen zusammen. Über 10 Jahre hat es gedauert die 79 Namen und dazugehörigen Daten zusammen zu tragen. Wir hatten viel Unterstützung von noch lebenden Familienangehörigen oder ehemaligen Klassenkameraden. Wir erfuhren das unter den Toten Jagdflieger, Panzermänner, U-Bootfahrer aber auch ein Wehrmachtslokführer und ein Angehöriger der Feldpost waren. Erfuhren das bei den Soldaten von der anfänglichen Begeisterung je länger der Krieg dauerte, nicht mehr viel übrig blieb. Sie wollten nur noch einigermaßen gesund nach Hause kommen. In Erinnerung ist mir geblieben, wie die Augen der fast 90 jährigen Dame wieder leuchteten als sie davon erzählte, wie schmuck doch der Rudi Brehmer in seiner Marineuniform aussah. Rudi Brehmer ist noch 1945 mit seinem U-Boot versenkt worden. Es gab keine Überlebenden. Oder Erich Arzt, der 1944 zufällig seinen Schulkameraden Fritz Schneider in Italien getroffen hatte. Zwei Tage nach diesem Treffen war Fritz Schneider tot und Erich Arzt in amerikanischer Gefangenschaft. Viele, die uns in diesen  Jahren der Suche als Zeitzeugen geholfen haben sind heute nicht mehr unter uns. Auch Rudi kann den heutigen Tag leider nicht mehr miterleben und den Namen seines Bruders auf der Gedenkplatte lesen. Aber er hätte sich gefreut.

 

Aber warum haben wir uns die Mühe gemacht? Nicht, um wie es früher so üblich war, um Helden zu ehren. Nein, einfach weil die Vermissten und Gefallenen dieses schrecklichen Krieges auch ein Teil der Geschichte unseres Ortes sind. Und zwar ein sehr trauriger Teil. Was wäre geworden wenn die beiden Geschwister Vieritz gesund aus dem Krieg wiedergekommen wären? Gäbe es den Gasthof Vieritz heute noch? Oder der Müller Lehmann von Lehmanns Mühle. Heute das Grundstück Brandt auf dem Mühlberg.

 

Wie viel leichter hätten es die Mütter gehabt wenn sie ihre Kinder nicht ohne den Vater hätten aufziehen müssen. Wer von den Toten hätte  studiert und vielleicht eine bahnbrechende Erfindung gemacht? Wir werden es nie erfahren. Erst hier auf dieser Platte ist neben den Namen zu sehen, dass der Jüngste erst 16 Jahre alt war als er am Ostersamstag 1945 in Halle wo er zur Schule ging, durch Bomben ums Leben kam. Und der Älteste bereits 48 Jahre alt war als er in der Kriegsgefangenschaft ums Leben kam. Das allein 12 Männer, nein wohl eher Jungens der Geburtsjahrgänge 1923/24 hier aufgelistet sind. Das 5 von Ihnen 18 Jahre, 7  19 Jahre und wiederum 7 gerademal 20 Jahre alt waren als sie den Tod fanden. Stellvertretend für sie möchte ich nur den Namen Rudolf Leege nennen. Am 17.04.1926 geboren und am 14.07.1944 in Frankreich gefallen. Er war noch nicht mal 3 Monate lang 18 Jahre alt. Und er ist der Jüngste unter den Gefallenen. Und wir finden wieder die Namen Schmidt, Tomala, Albrecht, Hain, Meinht 1922 auf dem Denkmal stehen. Alte eingesessene Hohenthurmer und Rosenfelder Familien die nicht nur im ersten, sondern auch im zweiten Weltkrieg Väter, Söhne und Brüder verloren haben. Einige der Namen auf der Gedenkplatte finden wir auch auf Kriegsgräbergedenkstätten in Deutschland, Ungarn, Polen, Ägypten, Frankreich oder in Russland, wo die Toten ihre letzte Ruhe gefunden haben. Viele sind bis heute nicht gefunden.

 

Und jetzt sind diese Namen vereint auf dieser Platte zu finden. Den Toten zum Gedenken, den Lebenden zur Mahnung.